Mittlerweile sind wir deutlich auf dem Weg in den Norden, denn wir wollen um Ostern rum übersetzen. Trotzdem fahren wir nicht schnurstracks nach Ceuta, sondern nehmen uns die Zeit, uns ein bisschen über die Nebenstrecken zu schlängeln und uns nochmals der Vielfalt der verschiedenartigsten Landschaften in Marokko zu erfreuen.
Wir folgen dem Oued Ziz, zunächst durch kilometerlange Palmenoasen und dann den Hohen Atlas hinauf, wo die Palmen schließlich Pappeln und Walnussbäumen weichen, sowie kleinen Plantagen mit
blühenden Apfelbäumen. Bis auf die fruchtbaren Flächen entlang der Oueds bleibt die Landschaft aber wüstenartig und karg und wir wundern uns mal wieder, wie Menschen in einer derart unwirtlichen
Umgebung leben können.
Bei Imlchil machen wir die Bekanntschaft mit einer Familie, deren Kinder wir nach ein bisschen Plaudern mit den restlichen Schuhen aus unserem Fundus ausstatten. Wie durch ein Wunder ist für
(fast alle) noch was passendes dabei – der einzige für den wir kein Paar finden können, bekommt wenigstens einen coolen Pulli. Nach einer Weile kommen die Mütter dazu und laden uns zum Tee ein.
Das wollen wir nicht ausschlagen und so parken wir Ferdinand neben der Piste und wandern unter großem Hallo gemeinsam den Hügel hinauf, zu einer Steinhütte, in der die Familie mit ein paar Tieren
lebt.
Die Behausung ist mehr als einfach. Im Inneren ist es finster, es riecht streng nach Ziegen und anderen Tieren und die Durchgänge sind so niedrig, dass man sich tief bücken muss, um sich von
einem Raum in den anderen zu tasten. Trotzdem sind Frauen wie Kinder offensichtlich stolz auf ihr Zuhause und fragen uns, ob es uns gefällt. Uns bleibt quasi nichts anderes übrig als ein bisschen
freundlich zu schwindeln...
Man bittet uns auf einer Decke Platz zu nehmen und langsam gewöhnen wir uns an das Schummerlicht, der Gasfunzel, die nur minimale Unterstützung durch ein wenig Tageslicht bekommt, das durch eine
kleine Öffnung in der Decke fällt. Wir bekommen Tee und frisch gebackenes Brot – das, so will es die Tradition der Berber, ist das Mindeste, was man hier einem Gast anbietet – und bewundern den
einfachen Webrahmen, der an einer Seite des winzigen Räumchens steht.
Leider ist die Kommunikation schwierig: Unsere Gastgeber sprechen ausschließlich Tamazight und unser Vokabular in dieser Sprache beschränkt sich auf Lebenswichtiges wie Brot, Wasser, Tee, Salz
Ziege, Schaf, Huhn, Hallo, gute Nacht und Dorftratsch... Diese paar Brocken kommen an diesem Tag aber noch oft zum Einsatz. Wir campen – vermeintlich einsam – am Lac Tislit, und empfangen
Besucher am laufenden Band: Ein Mann, den wir zuvor schon in Imlchil getroffen haben, ein paar, die nur mal schauen, was so läuft, ein Hirte, der sich an unserem Feuer die Finger wärmt und
vergeblich auf ein bisschen Whisky hofft...
Vom Hohen Atlas tuckern wir in den folgenden Tagen weiter zum Mittleren Atlas und weiden unsere Augen nach langer Zeit in karger Umgebung am Grün der Eichen- und Zedernwälder und den üppig
sprudelnden Quellen des größten Flusses Marokkos. Auch diese Region hat ihren ganz besonderen Reiz und möchte – bei einer anderen Reise – unbedingt mal genauer entdeckt werden. Schließlich machen
wir noch einen kurzen Stopp in Meknes, und kommen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, wie viele verschiedene Marokkos es doch gibt!
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