Von wegen Toskana...

Vom mittleren Atlas hatte ich bislang ein Bild, das sich irgendwo zwischen „Schwäbische Alb“ und „Toskana“ einordnen lässt. Das mag daran liegen, dass ich diese Region bei meinen bisherigen Marokkoreisen nur gestreift habe. Klar gibt es hier sanft gewellte, von der Landwirtschaft kahl rasierte Hügel (Toskana). Und ja, es gibt auch eher karstige Regionen mit Dolinen und Höhlen (Schwäbische Alb). Aber es gibt ja noch so viel mehr: ausgedehnte Zedernwälder zum Beispiel, trockene Mondlandschaften und Berge die bis zu dreitausend Meter in die Höhe ragen.

Wir beginnen unsere Runde in Taza und fahren zur Trichterhöhle Gouffre de Friouato. Hier müssen wir uns mit einem Blick in den Höllenschlund begnügen. Die eigentliche Höhle mit Tropfsteinkammern und unterirdischen Gewässern können wir mit Lotta (noch) nicht besichtigen. Höhlenbesichtigung auf marokkanisch bedeutet mit Taschenlampe in der Hand und zum Teil auf allen Vieren. Dieses Abendteuer muss also noch ein paar Jahre warten.

 

Von hier aus geht es weiter durch karstige Landschaften, mit niedrigen Steineichenwäldern, über Pässe, auf denen Zedern wachsen und von wo aus wir einen Ausblick bis zu den Wüstenplateaus im Osten den Landes haben, bis zu den höchsten Bergen des mittleren Atlas des Djabal Bou Iblane, die bis zu 3190 Meter in den Himmel ragen und wo die Mondlandschaft an den Antiatlas denken lässt.

 

In Sefrou – es ist mal wieder Freitag – essen wir in einem kleinen Restaurant herrlichen Couscous. Wir lassen Lotta ein bisschen probieren und es scheint ihr zu schmecken. Die resolute Köchin ist damit aber gar nicht einverstanden. Offensichtlich bekommen Babys in Marokko keinen Couscous, sondern nur Gemüse. Die korpulente Frau baut sich vor unserem Tisch auf und gibt uns genau das zu verstehen. Dann greift sie beherzt in Stephans Teller, greift sich eine Möhre, zermatscht sie zwischen den Fingern und legt sie ihm auf den Löffel. Das sollen wir Lotta füttern, findet sie.

 

In Azrou machen wir ein paar Tage „Urlaub auf dem Bauernhof“. Auf dem Campingplatz, einer Wiese mit Kirschbäumen und einem kleinen Bach sind allerhand Tiere aus Lottas Bilderbuch unterwegs: Hühner und Hähne, Enten, Katzen, ein Esel... Das Federvieh kommt zum Nachmittagskaffee an unseren Tisch. Könnte ja sein, das etwas abfällt. Lotta ist begeistert. Die entsprechenden Seiten im Bilderbuch werden ab sofort mit einem begeisterten Quietschen kommentiert.

Wir wandern über Wiesen und durch den Zedernwald und sehen auf der Weiterreise in den Wäldern jede Menge Berberaffen. Weiter geht es durch eine unsere Lieblingsregionen zwischen Azrou und Kenifra, wo wir in den Zedern- und Eichenwäldern campen und – wie schon bei der letzten Marokkoreise – einen Abstecher zur Source L' Oum er-Rhiba machen, wo das Wasser nur so aus den Bergen sprudelt und in einem reißenden Bach ins Tal schießt.

Was uns beim letzten Mal nicht aufgefallen ist, sind die elend wirkenden, größtenteils mit Plastiktüten verkleideten Behausungen, die überall stehen. Wir vermuten, dass es die Winterquartiere der hiesigen Nomaden sind. Im Reiseführer lesen wir, dass die Landbevölkerung in dieser Region zum Teil bettelarm ist. Ausgerechnet hier läuft mir eine Ziege vors Auto. Sie steht zwar auf und läuft aus eigener Kraft von der Straße, ist aber zumindest am Bein verletzt. Weit und breit sehen wir niemand, der sich um das Tier kümmern könnte. Es bleibt uns also nur zu hoffen, dass sie sich erholt oder rechtzeitig gefunden wird.

 

Zwischen Kenifra und Beni Mellal sieht dann plötzlich doch wieder alles ein bisschen nach Toskana aus. Ihr wisst schon: sanft geschwungene, von der Landwirtschaft kahl rasierte Hügel... Aber das ist ja noch lange nicht alles. Wir planen noch einen weiteren Abstecher in den Mittleren und in den Übergang zum hohen Atlas.

 

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